Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Energie (MWAE)

 

Die Auswirkungen des Brexit auf die brandenburgische Wirtschaft

Großbritannien ist einer der wichtigsten Handelspartner des Landes Brandenburg. Britische Unternehmen zählen zu den bedeutendsten ausländischen Investoren. Wie könnte sich ein Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union (EU) auf die brandenburgische Wirtschaft auswirken? Ein Zwischenstand.

Am 23. Juni 2016 haben die Bürger des Vereinigten Königreichs in einem Referendum mit 51,9 Prozent für einen Austritt aus der Europäischen Union (EU) – den sogenannten Brexit – gestimmt. Ursprünglich sollte die Mitgliedschaft des Vereinigten Königreichs in der EU am 29. März 2019 enden. Die Frist wurde zunächst auf den 12. April 2019 und dann auf den 31. Oktober 2019 verschoben. Die Staats- und Regierungschefs der EU-27 haben sich mit dem Vereinigten Königreich im Oktober 2019 auf eine weitere Verschiebung des Brexit bis zum 31. Januar 2020 geeinigt.

Nach intensiven Verhandlungen hatten sich der Europäische Rat und die britische Regierung zunächst im November 2018 auf ein Austrittsabkommen und eine politische Erklärung über den Rahmen für die zukünftigen Beziehungen geeinigt. Dieses hat im britischen Parlament keine Mehrheit gefunden. Abstimmungen über weitere Brexit-Modelle fanden ebenfalls keine Mehrheit im britischen Unterhaus.

Premierminister Johnson hat im Oktober 2019 ein geändertes Austrittsabkommen ausgehandelt. Neu geklärt wurde die Frage, wie die Grenze zwischen Irland und Nordirland auch nach dem Brexit offen bleiben kann. Zudem wurde in einer politischen Erklärung vereinbart, dass es bis Ende 2020 ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich geben soll. Das britische Parlament hat am 22. Oktober 2019 grundsätzlich für das innerstaatliche Umsetzungsgesetz (sog. Withdrawal Agreement Bill) gestimmt, jedoch den damit verbundenen Zeitplan abgelehnt. Nach den Parlamentswahlen am 12. Dezember 2019, bei dem die Konservativen von Premierminister Johnson einen Wahlsieg verzeichnen konnten, wurde das Austrittsabkommen am 20. Dezember 2019 erneut ins Parlament eingebracht und gebilligt. Nach der aktuellen Ratifizierung des Austrittsabkommen hat das Vereinigte Königreich verlassen.

Das Austrittsabkommen sieht eine Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2020 vor, die bis zum 30. Juni 2020 einmalig um bis zu zwei Jahre verlängerbar ist. Das britische Umsetzungsgesetz sieht jedoch vor, dass eine Verlängerung nicht beantragt wird. 

In der Übergangsfrist, in der das Vereinigte Königreich weiterhin an EU-Regeln gebunden ist, soll ein Handelsabkommen ausgehandelt werden. Der inhaltliche Rahmen eines Handelsabkommens wird durch das Mandat festgelegt, das der EU-Kommission für die zukünftigen Beziehungen durch den Rat erteilt wird. Der Rat hat am 13. Dezember 2019 die EU-Kommission ersucht, dem Rat unmittelbar nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs den Entwurf eines umfassenden Mandats hinsichtlich der zukünftigen Beziehungen zum Vereinigten Königreich vorzulegen. Das Mandat wird sich am Inhalt der politischen Erklärung orientieren. Grundlage der künftigen Wirtschaftsbeziehungen soll danach ein Freihandelsabkommen („comprehensive and balanced Free Trade Agreement“) sein. Aufgrund der geografischen Nähe und der engen wirtschaftlichen Verflechtungen sollen robuste und umfangreiche Vereinbarungen getroffen werden, um insbesondere faire Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten („level-playing field“). Orientierung sollen die bei Austritt geltenden hohen EU-Standards in den Bereichen Staatliche Beihilfen, Wettbewerb, Sozial- und Beschäftigungsstandards, Umweltschutz, Klimawandel, Steuerfragen bieten.

Langfristige wirtschaftliche Auswirkungen

Die langfristigen ökonomischen Auswirkungen eines Austritts sind zurzeit nur schwer abschätzbar. Sie hängen maßgeblich von der Ausgestaltung der zukünftigen wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich ab. Das ifo-Institut hat im Auftrag des BMWi eine vertiefte Analyse der wirtschaftlichen Auswirkungen des Brexit vorgenommen. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass im Szenario eines umfassenden und ambitionierten Freihandelsabkommens das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) langfristig im Vereinigten Königreich um 0,6 Prozent und in Deutschland und der EU jeweils um 0,1 Prozent niedriger liegen würde.

Falls es zu keinem bilateralen Abkommen und somit zu einem Rückfall auf Zollsätze nach dem Prinzip der Meistbegünstigung gemäß der Welthandelsorganisation (WTO) kommen würde, läge der Effekt auf das BIP im Vereinigten Königreich langfristig bei -1,7 Prozent, in Deutschland bei -0,2 und im EU27-Durchschnitt bei -0,3 Prozent. Mit Blick auf die Wirtschaftszweige in Deutschland wären die größten relativen Wertschöpfungsverluste bei pharmazeutischen Produkten, sowie in den Automobil- und Maschinenbausektoren zu verzeichnen.

Auswirkungen auf die brandenburgische Wirtschaft

Das Vereinigte Königreich zählt traditionell zu den zehn wichtigsten Handelspartnern des Landes Brandenburg. Darüber hinaus gehören britische Unternehmen zu den wichtigsten ausländischen Investoren in Brandenburg und haben viele Arbeitsplätze im Land geschaffen. Im Jahr 2019 lag das Vereinigte Königreich mit einer brandenburgischen Warenausfuhr von knapp 586 Mio. Euro auf Platz 7 der Rangliste der wichtigsten brandenburgischen Exportdestinationen (Platz 1: Polen mit 2,3 Mrd. Euro). Bei den brandenburgischen Einfuhren lag das Vereinigte Königreich 2019 mit einem Warenwert von 957 Mio. Euro sogar auf Platz 5 (Platz 1: Russland aufgrund der hohen Einfuhren von Erdöl- und Erdgas mit 3,8 Mrd. Euro).

Der brandenburgische Außenhandel mit dem Vereinigten Königreich bewegt sich dabei in den letzten Jahren stabil in etwa auf dem gleichen Niveau. Im Jahr 2019 gab es gegenüber dem Vorjahr allerdings einen Anstieg der brandenburgischen Ausfuhren in das Vereinigte Königreich von 25 %. Zurückzuführen ist dies auf einen starken Anstieg der Ausfuhren im Bereich Luftfahrzeuge. In diesem Bereich kommt es jedoch von Jahr zu Jahr immer wieder zu starken Schwankungen. Die brandenburgischen Einfuhren aus dem Vereinigten Königreich sind im gleichen Zeitraum um 6,4 % gesunken.

Wichtigste brandenburgische Ausfuhrprodukte in das Vereinigte Königreich waren 2019 Luftfahrzeuge (17,2 %) Fahrgestelle, Motoren u.a. Teile für Kraftfahrzeuge (12,1 %), Papier und Pappe (9,3 %) und Pharmazeutische Erzeugnisse (6,7 %).

Wichtigste brandenburgische Einfuhrprodukte aus dem Vereinigten Königreich waren 2019 Luftfahrzeuge (59,4 %), Mess-, steuerungs- und regelungstechnische Erzeugnisse (5,1 %), Pharmazeutische Erzeugnisse (2,6 %) und Kaffee (2,2 %).

Auswirkungen des Brexit auf den brandenburgischen Handel mit dem Vereinigten Königreich sind derzeit schwer vorauszusagen, da die Grundlagen der zukünftigen Handelsbeziehungen noch offen sind. Ein Rückfall auf WTO Regeln würde für Unternehmen mit Außenwirtschaftsbeziehungen mit dem Vereinigten Königreich zu einem deutlichen Mehraufwand führen. Für kleine und mittlere Unternehmen, die ansonsten nur innerhalb der EU Handel betreiben, wird die Notwendigkeit entstehen, sich erstmals Know-how im Bereich Zollabwicklung anzueignen.

 

Informationen und Hilfe für Unternehmen

EU-Kommission: Vorbereitungsmitteilungen

IHK Ostbrandenburg: Informationen und Checkliste für Unternehmen

IHK Südbrandenburg: Informationen und Checkliste für Unternehmen

DIHK – Deutscher Industrie- und Handelskammertag e.V.: Brexitcheck/Brexit-Checkliste

Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI): Brexit-Leitfaden

Informationen für britische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger in Brandenburg

Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat: Informationen für britische Staatsangehörige und deren Familienangehörige zum Aufenthaltsrecht nach dem Austrittsabkommen

 

Weiterführende Links zum Brexit

Bundesministerium für Wirtschaft und Energie: Häufig gestellte Fragen zum Brexit

Europäische Kommission: Vorbereitung auf den Brexit

und Aktionsplan für den Notfall sowie Mitteilungen zu einzelnen Bereichen 

DIHK – Deutscher Industrie- und Handelskammertag e.V.: Brexit

Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI): Brexit

Germany Trade and Invest (GTAI): Brexit